Cannabis und Kreativität: 101 Gründe eine Pflanze zu lieben

Ein Gespräch mit Physiker und Autor Michael Carus über sein neues Buch, psychedelische Erfahrungen und warum Deutschland diese Liebeserklärung an Cannabis braucht.

Warum schreibt ein Physiker eine Liebeserklärung an Cannabis?

Habt ihr schon mal eine richtige Liebeserklärung geschrieben? Mit 101 Gründen an eure Lieblingspflanze? Genau das hat Michael Carus getan - Physiker, Autor und CEO des Nova Instituts. Gemeinsam mit dem bekannten Cannabis-Mediziner Dr. Franjo Grotenhermen hat er "101 Gründe Cannabis zu lieben" veröffentlicht. Ein Buch, das weit mehr ist als nur eine weitere Cannabis-Publikation.

"Die Idee war schon von mir. Ich bin mit der Idee lange schwanger gegangen", erzählt Carus in unserem Gespräch. Das Buch entstand größtenteils in finnischen Urlauben - wenn alle anderen Finnisch sprachen, konnte er sich zurückziehen und schreiben. "Es war schon ein Kraftakt, aber einer, der mir sehr am Herzen lag."

Verzauberung der Welt: Wenn Cannabis die Sinne schärft

Was macht Cannabis mit uns? Warum gehen weltweit etwa 200 Millionen Menschen das Risiko ein, eine in den meisten Ländern illegale Substanz zu konsumieren - obwohl nur etwa 5 Prozent abhängig werden?

Carus beschreibt es so: "Cannabis verändert die Welt so ein bisschen, stellt die Schärfe anders ein, dass plötzlich alles liebenswert wird durch eine leichte Verschiebung in der Realität, beachtenswert wird."

Diese "Verzauberung der Welt" - sein Lieblingskapitel im Buch - erklärt, warum Cannabis gerade heute so wertvoll sein kann: "Leute, die hektisch umherrennen, finden Ruhe. Die rauchen dann was und machen plötzlich in Ruhe eine Sache. Sie haben plötzlich den Frieden, sich mit Sachen wirklich hedonistisch zu beschäftigen."

In unserer Multitasking-Welt ist die Fähigkeit, sich zu fokussieren, kostbarer denn je. Cannabis kann dabei helfen - wenn es richtig dosiert und in der passenden Situation verwendet wird.

Cannabis als Kreativitäts-Tool: Die Mathematik des Highs

Ein besonders faszinierender Aspekt: Carus und seine Physiker-Kollegen nutzten Cannabis während des Studiums bewusst als Denkwerkzeug. "Ich habe so eine schwierige Aufgabe, ich nehm was zu rauchen, ich komm da sonst nicht weiter", war ein gängiger Spruch an der Uni in Köln.

Cannabis kann dabei helfen, Dinge zu durchdringen, zu verstehen, sich darauf einzulassen. Aber - und das ist wichtig - nur in der richtigen Dosierung. "Die Mathematikeffekte kommen nicht, wenn ich zu viel rauche. Ich muss die Dosis so halten, dass ich noch kreativ sein kann und nicht eine Überdosis nehme."

Praktischer Tipp: Wer Cannabis für kreative oder analytische Aufgaben nutzen möchte, sollte mit sehr kleinen Mengen beginnen. Eine Mikrodosierung kann die gewünschten Effekte bringen, ohne die Konzentration zu beeinträchtigen.

Die zwei Generationen: Jung und Alt entdecken Cannabis neu

Zwei Altersgruppen profitieren besonders von Cannabis - und beide aus unterschiedlichen Gründen:

Junge Menschen: Fokus in der Ablenkungswelt

"Junge Leute machen plötzlich irgendein Hobby vier Stunden lang. Sie räumen die Wohnung auf oder entdecken neue Musik. Sie haben plötzlich den Frieden und die Ruhe, sich mit Sachen wirklich zu beschäftigen."

Ältere Menschen: Lebensqualität im Alter

"Die Zahl der Menschen, die über 90 Cannabis entdecken, steigt. Eine Mischung aus Medizin und aber auch diese Ruhe finden, noch mal Leben reflektieren." Carus berichtet von 95-Jährigen, die ihm sagten: "Ich bin zum ersten Mal glücklich und mit mir zufrieden."

Cannabis kann bei älteren Menschen Appetit anregen, Schmerzen lindern und eine hilfreiche Distanz zum Schmerz schaffen. Sogar Demenz kann verzögert werden.

Edibles: Die orientalische Tradition und moderne Herausforderungen

Interessant für uns bei Mit Was Drin: Carus erklärt, dass das Rauchen erst mit Kolumbus nach Europa kam. Vorher wurden im Orient "köstliche Süßigkeiten hergestellt mit Datteln und Rosenöl" - infundiert mit Cannabis.

Die Herausforderung bei Edibles: "Man muss aufpassen, die Wirkung kommt nach einer Stunde und hält dann sechs bis acht Stunden an und man kann sie nicht mehr korrigieren." Deshalb ist präzise Dosierung so wichtig.

Carus' Empfehlung für Edibles: "Man sollte sich ein Wochenende aussuchen, Samstag aussuchen, wo man wirklich Ruhe hat, Frieden hat." Diese Einstellung teilen wir vollständig - Edibles brauchen Respekt und Vorbereitung.

Set und Setting: Warum Vorbereitung alles ist

Eine der wichtigsten Botschaften des Gesprächs: Cannabis - besonders in höheren Dosen oder als Edibles - erfordert die richtige Umgebung und mentale Vorbereitung.

Carus' schlechte Erfahrung: "Ich hatte einen Tag, ein Novembertag, den ganzen Tag am Regnen, alles grau, düster und depressiv. Da hätte man's einfach nicht nehmen dürfen." Die Lektion: "Egal wie geplant, wenn der Tag dann nicht passt, dann macht man es nicht."

Unser Rat: Plant eure Cannabis-Erfahrungen bewusst. Achtet auf:

  • Eure Stimmung und mentale Verfassung

  • Die Umgebung (sicher, vertraut, entspannt)

  • Genug Zeit ohne Verpflichtungen

  • Eine vertrauensvolle Begleitperson bei stärkeren Dosen

Warum Deutschland dieses Buch braucht

"In den letzten Jahren hört man primär negative Dinge über Cannabis - Psychosen, Probleme mit Jugendlichen, dass die Konzentration höher ist als früher", beobachtet Carus. "Es wird eher als Problem dargestellt, das man jetzt irgendwie leider legalisieren muss."

Sein Buch zeigt die andere Seite: Cannabis als Chance für Kreativität, als Teil einer jahrtausendealten Kultur, als Alternative zu problematischeren Substanzen wie Alkohol.

Die Umwelt-Herausforderung der Cannabis-Industrie

Ein wichtiger Punkt, den Carus anspricht: Die Cannabisindustrie hat ein Umweltproblem. Viel Plastikverpackung, Indoor-Anbau statt Sonne, Glasfaser-Substrate statt natürlicher Materialien.

"Das Problem ist in der Halbschattenwelt - Anreize für ökologisches Handeln zu geben ist sehr schwer", erklärt Carus. Mit vollständiger Legalisierung könnten Umweltstandards durchgesetzt werden: Öko-Zertifizierungen, pestizidfreier Anbau, nachhaltige Verpackungen.

Hoffnung: "Wenn der Anbau in Gärten und Balkonen legal bleibt, dann würden viele Leute auch den Anbau draußen machen, weil es preiswert ist und gut funktioniert."

Cannabis als Brücke zwischen den Welten

Das Buch dient auch als "Rückendeckung" für Menschen, die Cannabis nutzen - medizinisch oder nicht. Patienten berichteten Carus: "Das Buch zeigt, dass das relaxed und normal ist. Wir fühlen uns jetzt viel weniger stigmatisiert."

Cannabis hat eine jahrtausendealte Kulturgeschichte. "Menschen in Ägypten 3000 Jahre zuvor haben das benutzt. Alle Regionen haben das benutzt. Wilhelm Busch hat darüber geschrieben." Der restriktive Umgang ist erst seit Anfang des 20. Jahrhunderts da.

Sicherheit geht vor: Die wichtigsten Regeln

Trotz aller positiven Aspekte betont Carus die Wichtigkeit des verantwortungsvollen Umgangs:

  1. Alter beachten: "Alle Menschen zwischen 12 und 16 sollten für die Gehirnentwicklung überhaupt keine Drogen nehmen."

  2. Richtige Dosierung: Bei höheren Konzentrationen einfach weniger konsumieren - nicht mehr.

  3. Kontrolle abgeben können: "Man muss sich sicher fühlen in der Welt. Cannabis ist nur für stabile Menschen."

  4. Aufklärung statt Verbot: "Eltern sollten offen mit ihren Kindern darüber reden, damit sie es nicht heimlich im falschen Umfeld machen müssen."

Unser Fazit

Michael Carus' Buch ist mehr als eine Sammlung von Cannabis-Argumenten - es ist ein Plädoyer für einen aufgeklärten, respektvollen Umgang mit einer Pflanze, die der Menschheit seit Jahrtausenden dient.

Für uns bei Mit Was Drin bestätigt das Gespräch unsere Mission: Menschen dabei zu helfen, Cannabis sicher und bewusst zu konsumieren. Egal ob ihr unseren Dosierungsrechner für die präzise Edibles-Herstellung nutzt oder unser E-Book für die Grundlagen - Wissen ist der Schlüssel zu positiven Erfahrungen.

Denn wie Carus sagt: "Richtig dosiert sind Edibles eine fantastische Art, Cannabis zu konsumieren." Aber nur, wenn man weiß, was man tut.

Das Buch ist wie so viele Schätze im Nachtschatten Verlag erschienen und eignet sich wunderbar als Geschenk für Cannabisliebhaber und solche, die es noch werden wollen.

Falls du es verpasst hast, hier geht's zum Video: Cannabis und Kreativität: 101 Gründe eine Pflanze zu lieben - Interview mit Michael Carus

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"Darf's ein bisschen mehr sein?" - Warum Präzision in der Edibles-Küche entscheidend ist